--> https://www.norderney-chronik.de/themen/insel-stadt/presse/nbz/wbk/1952/seite_003.html

NorderneySeiten-Ende

53° 42' 26" N 7° 8' 49 Flagge der Insel
Chronik einer Insel
Insel Norderney

Das Jahr 1398Das Jahr 1797Das Jahr 1849Das Jahr 1862Das Jahr 1873Das Jahr 1948Das aktuelle JahrHilfe/Info

Insel/Stadt | Bilder/Prospekte | Daten/Fakten | Kunst/Kultur

Chronik der Insel | Betriebe und Einrichtungen | Insel und Küste | Insel und Stadt Historisch | Küstenschutz | Presse | Vereine

Norderneyer Badezeitung | Norderney Kurier

Seite Presse | Norderneyer Badezeitung | Sonderausgaben | Badekuriere: Frühjahrsausgaben | Sonderausgaben | Weihnachtsausgaben | 1950-1959 | 1960-1969 | 1970-1979 | 1980-1989 | 1990-1999 | 2000-2003

Seite zurückÜbersichtnächste SeiteFenster schliessen
Weihnachtsausgabe Badekurier 1952
 
Seite 3

Inselwinter im Sommerparadies

Norderneyer Weihnachts- und Neujahrserinnerungen aus alter und neuer Zeit

Alljährlich erleben Zehntausende froher Gäste unsere Insel. Norderney ist ihnen das Symbol beseligter Entspannung, eine Erinnerung und ein Sehnen. Sie kennen das Eiland unter lachendem Himmel, bei sommerwindgejagtem Firmament, an hellen milden Nächten, erfüllt von Sang und Klang. Andere denken an die Naturabgeschiedenheit des Ostlandes mit seiner unendlichen Weite, grenzenlos, weil nur See, Luft und Sand hier als die gestaltenden Elemente wirken.

Das winterliche Norderney, ein Inselweihnachten, kaum naturgemäß keine derart festumrissenen Vorstellungen erwecken. Das Eiland wird, wenn es hinter dem Norddeich verschwindet; zu einem Schemen jenseits des Arbeitsalltages. Rund achtmal eintausend Menschen aber bleiben zurück. Sie schaffen und arbeiten weiter für die Festlandsbesucher, deren Erholung ihre Existenz ist. Sie fangen an, wieder in einer betriebsamen Kleinstadt zu leben. Von Jahr zu Jahr mehr bleibt aber auch der Charakter eines Kurortes erhalten, denn nicht nur allmonatlich 2000 Kinder aus allen Teilen unseres Landes, sondern auch Wintergäste der verschiedensten Berufsschichten wollen in den Genuß des winterlichen Heilklimas kommen, dessen Milde und Weichheit immer wieder überrascht.

Nicht immer war es so, und es lohnt, einmal in der Inselchronik zu blättern. Von manch schwerer Weihnachtszeit wird dort berichtet, mehr als ein Jahresbeginn, den man im gesicherten Binnenlande mit lauter Fröhlichkeit beging, blieb hier von Trauer und Sorge überschattet. Ein Zeitgenosse berichtet aus dem Jahre 1287: "Es war eine große Wassersnot, verderblich für Menschen, Vieh und Eigentum, infolgedessen für künftige Tage erinnerungswert. Die Wogen gingen vom Abend bis zum frühen Morgen über die Deiche (des Festlandes), und alles Niedriggelegene wurde hinweggerissen, selbst feste, steinerne Häuser konnten dem Wellenschlag nicht widerstehen." Noch heute ist uns dieses Ereignis bekannt, das den heutigen Dollart formte und an der ganzen Küste rund 5.000 Menschen ertrinken ließ. -

Es war am Weihnachtsabend des Jahres 1717. Schon seit mehreren Tagen wehte aus Südwesten ein recht starker Wind, der die Nordsee voll Wasser trieb. Am Heiligen Abend drehte er nach Nordwesten. Der Stand des Mondes ließ zum Glück keine Springflut erwarten. Die Insulaner schliefen ruhig, nachdem die letzte Kerze in den Fischerhäusern verlöscht war, dem ersten Festtag entgegen. Urplötzlich aber schwoll der Sturm gewaltig an und trieb die entfesselten Elemente über das Land. Tosend riß das Wasser alles mit sich. Nur einzelne Blitze durchzuckten die pechschwarze Finsternis. Mond und Sterne waren verschwunden. Ohne, wie üblicherweise, bei Ebbe abzulaufen, blieb das Wasser drei Tage lang an derselben Stelle stehen. Es war daher in den seltensten Fällen möglich, Hilfe zu bringen. So nimmt es nicht wunder, daß der lutherische Inselpastor zu Norderney in sein Kirchenbuch schrieb, "daß des nachts über ganz Ostfriesland eine Sintflut ergangen. Dämme und Deiche rissen, viele Menschen sind im Wasser versunken." Ein anderer Augenzeuge berichtet nach alten Quellen: "Es kam übers Land gelaufen, nicht nach und nach, so wie es sonst gewöhnlich ist, sondern von Anfang an ist es mannshoch über das Land gegangen." Wenn man die Bevölkerungsziffer der Jahre 1716 und 1717 vergleicht, müssen damals 18 Insulaner umgekommen sein. Ein Haus verschwand vollkommen, 20 weitere wurden sehr schwer beschädigt. Schon wenige Wochen später brandete eine neue Sturmflut heran, deren Folgen allerdings trotz eines noch höheren Wasserstandes weniger verheerend gewesen sein dürften. "Es scheint übrigens die Flut mit einer inneren Gärung der Erde in Verbindung gestanden zu haben. Wenigstens stieg das Wasser in den Brunnen ohne äußeren Zufluß schon am Tage vorher um 3 bis 4 Fuß", weiß ein Bericht über dieses Ereignis zu vermelden.

Die Silvesternacht des Jahres 1854 wurde von entscheidender Bedeutung für den Bestand der Insel. Eine Sturmflut hatte derartige Verheerungen angerichtet, daß jeder für Nurderney bereits das Schicksal Wangerooges befürchtete. Man begann nun schleunigstens; die Nordwestecke der Insel zu befestigen. Aber auch der erste mit Steinplatten belegte Sanddeich hielt den alles zertrümmernden Fluten nicht stand, und erst im Jahre 1858 begann der Bau des heute noch der Nordsee trotzenden Schutzwerkes mit seinen mächtigen vorgelagerten Buhnen. Erst von diesen Jahren an konnten es die Insulaner wagen, auch Häuser nördlich der jetzigen Jann-Berghaus-Straße und westlich der Luisenstraße zu bauen.

Die See nahm aber nicht nur, sondern sie brachte auch den Insulanern während ihres Winterdaseins manches. Um die Weihnachtszeit des Jahres 1675 strandete bei Norderney ein großes Schiff, das Wein und Branntwein an Bord hatte. Schon damals aber waren auch die Behörden schnell zur Stelle, und Christine Charlotte, die regierende Fürstin von Ostfriesland, wies den zuständigen, in Berum sitzenden Amtmann folgendermaßen an: "Auf Euren Bericht wegen dem gestrandeten Wein und Branntwein ist hiermit unser gnädigster Befehl, daß Ihr durch Zeigen dieses, unseren Weinschenken, nach Abzug des dritten Teils für die Berger, die uns competirenden 14 Oxhaupt Wein anhero liefern lasset und deren Ueberführung alle möglichste Beförderung tut, das Faß Branntwein aber durch öffentliche Ausmienerei an den Meistbietenden verkauft und von solchem Gelde gleichfalls zwei Drittel uns anhero in Untertänigkeit einsendet. Darin geschieht unsere gnädigste Weisung und wir bleiben Euch in Gnaden wohl gewogen". Die Insulaner also mußten sich mit 7 Oxhaupt Wein begnügen. Ob diese immerhin nicht ganz unerhebliche Menge ausreichte, um sie zu trösten, ist leider nicht überliefert. - Als man sich auf Norderney im Jahre 1716 zum Weihnachtsfest rüstete, strandeten gleich zwei Schiffe an einem Tage. Morgens war es ein kleines Fahrzeug, das ohne Masten - und ohne jede Spur von der Besatzung am Nordstrande scheiterte. Es hatte eine Holzladung an Bord, und sein Heimatland schien Norwegen zu sein. Am Nachmittag zerschellte an der Nordostecke ein großer Dreimaster. Er hatte Eisen und Holz in seinem mächtigen Bauch. Die Ladung war von Gotenburg nach Bristol bestimmt. Von dem mächtigen Sturm hilflos getrieben, zerbarst das Schiff nur zweieinhalb Stunden fußwegs von dem damaligen Ort entfernt. Von den 22 noch an Bord befindlichen Seeleuten kamen 3 in der Brandung um. Die anderen wurden gerettet. Der Wert der geborgenen Ladung betrug 70.000 Gulden, eine für damalige Zeiten sehr hohe Summe. -

Vor Norderney um 1850

Vor Norderney um 1850


NBZ - Weihnachtsbadekurier 1952 Hilfe/Info Logo der Chronik © 2002-2024 H.-H. Barty Seitenanfang