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Insel Norderney

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Weihnachtsausgabe Badekurier 1954
 
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Drei Jahre danach ...

Es sind nun fast drei Jahre her seit der Zeit, als Norderney von der Besatungsmacht, die bis dahin die wesentlichen Teile der Kurgebäue und Kureinrichtungen einschließlich fast aller größeren Fremdenverkehrsunternehmen der Insel beschlagnahmt hatte, geräumt wurde. Heute ist man fast geneigt, den von jenen ersten Tagen des Januars 1952 an zurückgelegten Weg als zeitlich wesentlich länger zu veranschlagen - so vollständig sind alle Schranken, die das Kurleben damals noch einengten, verschwunden, so umfassend hat das zähe Ringen der Insulaner um die Wiedererlangung des alten und glanzvollen Rufe von Norderney den Sieg davon getragen. Mehr noch: man machte keinesfalls halt bei der Schaffung alter und bewährter Zustände, sondern, den veränderten Zeitströmungen der Gegenwart folgend und nachfühlend, gingen die Verantwortlichen dazu über, fremdenverkehrsmäßiges Neuland zu erschließen und ungewohnte Bereiche zu erarbeiten. Diesem Bemühen blieben die ersten Erfolge trotz der relativ kurzen Zeitspanne nicht versagt, so daß es als Gebot der Stunde in mehrfachem Sinne erscheint, auf dem einmal beschrittenen Wege weiter voranzukommen. Es ist dieses Streben nicht zuletzt auch eine Verpflichtung, die aus dem Wissen um die sich ständig steigernden gesundheitlichen Gefahren unseres heutigen immer härter werdenden Erwerbslebens resultiert. Diese Aufgabenstellung wird verbreitert und vertieft durch die nicht nur dem Soziologen geläufige Erkenntnis, daß immer noch viele Menschen verschiedenster Altersstufen unter schwerwiegenden physischen und psychischen Nachkriegsfolgen leiden - Fakten einer tragischen Erbschaft, zu deren Ueberwindung sich Norderney in besonderem Maße prädestiniert fühlt.

Der Krieg und die Jahre danach trafen auf Norderney eine Bevölkerung, deren frühere Generationen ebenfalls Schicksalsschläge härtester Art zu überwinden verstanden. Die Völkerringen der napoleonischen Wirren vernichteten vor rund 150 Jahren die blühende Inselschiffahrt, die an allen europäischen Küsten ihren guten Ruf hatte - es folgte aber der glanzvolle Aufstieg Norderneys zum Heimatort einer der größten deutschen Fischerflotten. Dieses entbehrungs- und gefahrenreiche Gewerbe brach zusammen, als die Schleppnetzfischerei, betrieben von gewaltigen und ungleich leistungsfähigeren Loggerflotten, der den Fischreichtum und den Insulanern rentable Absatzmöglichkeiten nahm. Die nun auf dem Gebiete des Fremdenverkehrs vollbrachten Leistungen führten zur Weltgeltung Norderneys als Kurort. Im Interesse vieler zehntausender Menschen, die Norderney alljährlich besuchten, um hier Erholung und Entspannung zu finden, ist jene Position in den letzten Jahren gehalten und ausgebaut worden - womit man im übrigen nichts anderes tat, als das Lebenswerk vieler Insulanergenerationen in bester gastfreier Friesenart fortzuführen. Staatliche, kommunale und private Fremdenverkehrsträger wetteiferten in der Kriegs- und Besatzungsfolgen - Beseitigung gleichermaßen. Es erfolgte eine großzügige Neugestaltung der Kur- und Kurmittel-Einrichtungen, wobei das gegenwartsnahe Empfinden in Raumgestaltung und modernste wissenschaftliche Erkenntnisse gleichberechtigt Pate standen. Den eigenartig reizvollen Ostteil der Insel erschloß im Zuge dieser Maßnahmen eine moderne Autostraße, die während der letzten Monate überdies eine wesentliche Verbreiterung durch gesonderte Wege für Fußgänger erfahren hat, und man plant hier auch die Neuanlage eines eigenen Fahrradweges. Bei gleichzeitiger Intensivierung der örtlichen Verkehrsverbindungen, es sei hier nur an den Einsatz festländischer Großraum-Autobusse erinnert, wurde für eine vollkommene kraftverkehrsmäßige Isolierung des eigentlichen Kurviertels Sorge getragen, eine Maßnahme, bei der auch alle zuständigen Stellen mit einer ganz überwiegenden Zahl des Kurgastpublikums einig wissen, wie es auch wiederholte repräsentative Gästebefragungen ergaben. Wesentliche Erfolge konnte Norderney auch hinsichtlich einer Verbesserung der Fernverkehrsverhältnisse erzielen, wobei hier vielleicht auch der Hinweis aufverschiedene neu eingelegte Saisonzüg aus dem west-, mittel­ und süddeutschen Raum sowie auf den Kurswagenverkehr von Hamburg gestattet ist. Diesen Voraussetzungen trug in anerkennenswerter Weise auch der bis zu achtmal täglich bediente Schiffsverkehr zwischen Norderney und Norddeich Rechnung, nachdem die Inselreederei durch Indienststellung eines Schiffes modernster Bauart ihre Vorkriegsleistungsfähigkeit wieder erreicht hat. Erstmals im nun zuende gehenden Jahre wurde werktäglich ein Seebäder-Flugdienst zum Flughafen Bremen durchgeführt. Gegenüber 1953, in dem der Seebäderflugdienst zunächst nur versuchsweise aufgenommen worden war, wiesen Bodenorganisationen und die Beschaffenheit des Landeplatzes auf der Insel Verbesserungen auf. Zum ersten Male erfolgte auch ein regelmäßiger Zeitungsflugdienet. Die mit Bahn und Kraftwagen aus dem norddeutschen Raum nach Bremen beförderten Zeitungen wurden früh morgens vom Festland abgeflogen, so daß jeder Badegast seine Zeitung schon beim Frühstückstisch lesen konnte. Trotz der ungünstigen Wetterlage war es möglich, mit Ausnahme von drei Tagen im Juli, den Seebäder-Flugdienst regelmäßig aufrecht zu erhalten. Nach den gewonnenen Erfahrungen ist fest damit zu rechnen, daß der Seebäder-Flugdienst auch im Jahre 1955 erfolgreich durchgeführt und weiterhin verbessert werden kann.

Indirekt trugen zur Förderung des Kurlebens in wesentlichster Weise die Großbauvorhaben der Inselsicherung bei. Es entstand im Zuge dieser Maßnahmen eine völlig neue Wandelbahn von über 1.600 Metern, die praktisch eine mehr als sechs Kilometer lange Strandpromenade vom Inselhafen bis zur Gegend des Ostbadestrandes "Weiße Düne" vollendete. Neu erbaut wurden ferner nicht weniger als 12 Kastenbuhnen mit einer Gesamtlänge von 2.700 Metern, während 12 andere Buhnen wesentliche Verlängerungen erfuhren. Die Menge der vor Norderney durchgeführten Sandaufspülungen beläuft sich auf 1,85 Millionen cbm. Wie von maßgebender Seite erst unlängst erklärt wurde, entspricht der jetzt erreichte Bauzustand allen Planungen vollauf. Da die bisherigen Küstenschutzarbeiten sich als wertvoll erwiesen haben, soll ihre Fortsetzung mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln erfolgen. Als nicht unmittelbar wirkende Fördermaßnahmen sind für das Kurleben noch eine Reihe anderer zwischenzeitlich realisierter Projekte erwähnenswert. So wurden die Norderneyer Stadtwerke zur Befriedigung des Saisonspitzenbedarfs um eine Reihe bedeutsamer Anlagen erweitert. Die insulare Stromversorgung erfuhr durch Errichtung einer neuen Umspannstation, verbunden mit der Inbetriebnahme eines 20.000-Volt-Kabels eine erhebliche Leistungssteigerung. Mehrere 100.000 DM wird die Realisierung des Projekts einer neuen Wasser-Gewinnungsanlage im Ostteil der Insel erfordern. Die zahlreichen Freunde der umfangreichen insularen Wald- und Parkanlagen dürfte es im übrigen besonders interessieren, zu hören, daß die 1954 begonnene Wiederaufforstung über die bisher gesetzten 30.000 Baumpflanzen hinaus fortgesetzt wird.


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