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Norderneyer Badezeitung | Norderney Kurier
Es überstand die Schreckensweihnacht vor 240 Jahren
Untersuchungen über die baugeschichtliche Herkunft des heutigen Norderneyer Fischerhausmuseums von Architekt Dipl.-Ing. Tettenborn
Zwanzig Jahre sind vergangen, seitdem das Norderneper Fischerhausmuseum der Oeffentlichkeit übergeben wurde und sich steigender Beliebtheit erfreut. Es ist in allen Einzelheiten die Nachbildung des alten, mit Efeu bewachsenen Fischerhauses in der Winterstraße, das seinerzeit wegen Baufälligkeit abgerissen werden mußte. Aller Wahrscheinlichkeit nach gehörte es zu den wenigen Fischerhäusern auf Norderney, die von der verheerenden Weihnachtssturmflut des Jahres 1717 verschont blieben. (Vergl. "Ein Bericht aus alten Zeiten" in der letztjährigen Weihnachtsausgabe des "Bade-Couriers".) Die danach gebauten Fischerhäuser sind kleiner, und es fehlt ihnen die überdeckte Laube, das besondere Charakteristikum unseres alten Fischerhauses.
Norderney hatte im 18. Jahrhundert eine Bevölkerung, die fast ausschließlich Seefahrt und Fischerei betrieb. Man hielt höchstens einige Schafe, wie es der kleine, angebaute Stall am alten Fischerhaus bewies. Auf den anderen Ostfriesischen Inseln war die landwirtschaftliche Betätigung der Insulaner eine größere, und man findet dort einen anderen Haustyp vorherrschend, der dem Häuslingshaus, einem ostfriesischen Kleinstbauernhans des Festlands, entspricht.
Holzstiele in den Innenmauern, der Brettergiebel und anderes lassen darauf schließen, daß der Vorläufer des Norderneyer Fischerhauses ein Bau aus Holz gewesen sein muß. Aus ältester Zeit wurde auch die Firstverzierung, ein kunstvoll ausgesägtes Brett, übernommen. Als weitere Schmuckform ist die Holzstütze an der Laube zu erwähnen, ebenfalls ein Ueberbleibsel der früheren Holzbauweise. Durch eine geschmackvolle Farbengebung der Holzteile ist der sonst bei Backsteinbauten leicht düster erscheinende Eindruck behoben worden.
Das Heimatmuseum ist im Inneren im Stil der vergangenen Zeit eingerichtet, einer Zeit, da man nur gediegene Handwerksarbeit gelten ließ und keine Fabrikation der Möbel gekannt hat. Zum größten Teil stammen die Gegenstände von der Insel selbst. Ferner enthält es verschiedene Sammlungen, die die Entwicklung der Fischerei und die des späteren Seebades zeigen. Auch eine naturkundliche Ausstellung zieht Besucher an, die dort ihre Funde an der Flutkante mit den ausgestellten Objekten vergleichen: und alte Seekarten, die allein schon durch ihre künstlerische Darstellung die Blicke auf sich ziehen, werden gern eingehend studiert.
Raumbeherrschend stehen die offenen Kamine, in denen tagsüber ein Torffeuer flackerte, in der Sommer- und Winterküche. Sie sind an den Innenseiten mit Delfter Fliesen bekleidet die durch die naive Art der Bemalung den Beschauer fesseln. Absichten moderner Kunst sind hier schon lange vorweggenommen. Biblische Szenen, Menschen und Tiere, Landschaften und Ornamente sind die Motive.
Die blitzenden Kupfer- und Messinggegenstände, die von weiten Seefahrten heimgebrachten Andenken, wie chinesisches Porzellan, die bunten Blumen an den Schiebefenstern erhöhen noch die Gemütlichkeit, und zittern Glockenschläge von den alten, schönen Uhren durch die Stuben, scheint es, als hätte die Zeit stillgestanden, und man ist bei den früheren Bewohnern zu Gast. -
Zum Schluß sei noch erwähnt, daß in den letzten Jahren durch erfolgreiche Ausgrabungen auf dem Festland die Entwicklung der niederdeutschen volktümlichen Bauweise von der Urzeit her erkennbar wird.
Das Norderneyer Fischerhaus, als letztes Glied einer Entwicklungsreihe, wird zweifellos für diese Forschung von Bedeutung sein, so daß nicht nur die Sammlungen des Heimatmuseums beachtlich sind, sondern das Haus an sich Museumswert hat.