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Insel Norderney

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Weihnachtsausgabe Badekurier 1950
 
Seite 15

Im alten Fischerhaus

Eigentlich ist das Haus selbst, idyllisch im Argonnerwildchen hinter dem historischen Logierhaus gelegen, nicht ganz alt. Aber es ist ein Original Norderneyer Fischerhaus, das sich der Norderneyer Heimatverein, vor allem mit seinen volkstumsgebundenen Darbietungen, selbst erarbeitet und erbaut hat.

Im alten FischerhausWer echte insofern Kultur erleben will, muß das Innere dieses originellen Bunes kennenlernen. Denn hier weht noch der Atem weiter Meere, von dem das Norderneyer Fischervolk einen guten Teil mitbekam. Damals, als die Heilkraft dieser schönen Insel noch nicht in so reichem Maße den festländischen Gästen nutzbar gemacht wurde, gingen die männlichen Bewohner alle diesem naturverbundenen Handwerk nach, das sie über die Kontinente führte. Neben alten, 300 Meter langen Angelschnüren sehen wir das "zackige" Gerät zum Würmergraben (was übrigens die Fischerfrauen im Watt besorgten). Norderneyer und Helgoländer Angelschellfisch waren berühmt und begehrt zu einer Zeit, als man noch keine "motorisierten" Fischdampfer kannte. Und da ist gar eine gewichtige Harpune, mit der einst die Fischerleute den Walen zu Leibe rückten. Zahlreiche Trophäen von weiten Seefahrten zieren jenen Raum, in dem auch den Rettungsbooten ein Ehrenplatz eingeräumt ist, darunter ein aus Holz gefertigter Totschläger mit scharfen Zinken, der sicherlich seine Mission erfüllt haben dürfte.

In der "guten Stube" begegnen wir einer mit echten Delfter Kacheln ausgestatteten Kaminecke, und wir können die Stammbäume der typischen Insulaner-Familien Visser und Raß, letztere vom Jahre 1608 ab, studieren, von denen heute wohl je etwa 100 in Norderney leben, so daß es für den Fremden nicht immer leicht ist, diese Familien auch nur annähernd zu definieren, weit sich den gleichlautenden Familiemimen oft noch gleiche Vornamen hinzugesellen.

Wenn die alten Norderneyer Seefahrer etwa nach Riga fuhren, um Korn zu holen, veranstalteten sie regelrechte Wettfahrten; dem Sieger winkte dann ein silberner Löffel oder irgend eine andere "echte" Anerkennung. Sie fand in der "Buddelei", einem bescheidenen Wandschränkchen, Aufnahme. Auf dem "Altenteil" lebten die Eltern, wenn sie sich vom geschäftigen Leben zurückgezogen hatten. Das prachtvoll gezimmerte Altenteil aus dem Jahre 1720 gibt einen Begriff von dem mühevollen Leben des fleißigen Insulanervölkchens. Die Regale zieren echtes chinesisches Porzellan, das die Seefahrer von ihrer weiten Reise mitbrachten; auch die hier früher typischen Porzellan-Hunde fehlen nicht - und es fehlt vor allem nicht Martin Luthers "Hauspostille", anno 1738, die Bibel des Hauses, in der zugleich die wichtigsten Eintragungen über die Familienereignisse zu finden sind. So erhalten wir Kenntnis über einen "gesunden Sohn, gottlob glücklich entbunden" den man - im Jahre 1845, als der blinde König schon fast zwanzig Jahre hindurch Stammgast der Insel war, auf den Namen Georg taufte.

Eine kunstvoll gearbeitete alte ostfriesische Wanduhr versieht noch immer pünktlich ihren Dienet. Die Schlafkammer ist sehr bescheiden eingerichtet. Das Bett hat man in die Wand eingelassen; unter dem Bett wurden die Winterkartoffeln verstaut.

Wenn Sie einen echten ostfriesischen Tee mit "Kluntjes" am den zierlichen Schalen im wahrsten Sinne des Wortes schlürfen wollen, dann tun Sie das am besten in diesem zum Heimatmuseum gewordenen Original Norderneyer Fischerhaus. Hier erfassen Sie auch das Atmosphärische, und es hat seinen eigenen Reiz, inmitten der altehrwürdigen Insulanerkultur das für jeden Inselbewohner pikanteste Getränk zu genießen, das nirgends so aromatisch wirkt und zubereitet wird wie hier am Meer. R. B.


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