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Weihnachtsausgabe Badekurier 1956
 
Seite 4

... der Wind ist unsere Sonne

Vom doppelten Wert einer Winter-, Frühjahrs- und Herbstkur an der See

StrandpromenadeUeber 200 Jahre ist es jetzt her, daß der englische Arzt Russell daranging, systematisch das Meerwasser und das Meeresklima auf ihren heilenden Einfluß bei bestimmten Krankheiten zu studieren. "Ad universum populi valetudinem conservandam" hatte er das Memorandum überschrieben, mit den er die englische Regierung veranlaßte, schon zu der Zeit, da in Frankreich die große Revolution über die Weltbühne ging, die beiden Seebäder Margate und Brighton zu gründen. Im Zuge dieser Bemühungen ist dann am Ende des 18. Jahrhunderts Norderney als erstes deutsches Seebad entstanden. Aber erst in unserer Zeit scheint die Saat, die jener britische Schöpfer der modernen Thalassotherapie legte, in spürbarem Umfang aufgehen zu wollen und den begrenzten Kreis medizinischer Fachleute zu sprengen.

Gerade die Erfahrung dieses Jahres hat gelehrt, daß das Wissen um die Heilkraft des Meeres zur Vorbeugung und Heilung von zahlreichen Krankheiten Allgemeingut nicht nur der ärztlichen Wissenschaft, sondern auch der breiten Oeffentlichkeit zu werden beginnt. Und endlich scheint sich auch die Erkenntnis Bahn brechen zu wollen, die Professor Beneke aus Marburg so sinnvoll zu untermauern wußte, als er im Jahre 1880 erstmalig mit 47 Erwachsenen und sechs Kindern auf Norderney überwinterte und der erstaunten Fachwelt einen nahezu sensationellen und durchweg positiven Erfahrungs­ und Erfolgsbericht unterbreiten konnte: Daß die Seebäder nämlich keineswegs nur für den Sommer geschaffen sind, daß sie auch zu anderen Jahreszeiten alle Voraussetzungen für einen gesunden und vergnüglichen Aufenthalt zu bieten vermögen.

Ein Urlaub an der See braucht sich keineswegs in faulem Strandkorbliegen in praller Sommersonne und Modenschauen auf der Strandpromenade zu erschöpfen. Professor Häberlin, der unlängst verstorbene Altmeister der Meeresheilkunde, hat es einmal gesagt, daß eine Winterkur soviel wert sei, wie zwei Sommerkuren, und das Wort eines ostfriesischen Badearztes "Der Wind ist unsere Sonne" zielt in die gleiche Richtung. Es ist nicht so, als habe man sich in den Seebädern die außerhalb des Sommers liegenden Jahreszeiten und den wolkenverhangenen Himmel lediglich als Ersatzprodukte gemietet und versuche, mit ihnen aus der Not eine Tugend zu machen. Nicht nur die Meteorologen, auch die Inselbewohner können es bestätigen, daß die Seebäder an und vor der friesischen Küste in den meisten Fällen Schlechtwetterfronten im Binnenland einfach zu ignorieren oder doch zumindest mit ihnen kurzen Prozeß zu machen pflegen. Jedoch nicht in der Sonne allein liegt das Heil der Seebadekur. In ihr wirken so viele starke Kräfte, daß sie ein zeitweiliges Zurücktreten der Sonne wohl auszugleichen wissen, ohne dem ersehnten Erfolg Abbruch zu tun. Seeklima und Meerwasser zusammen bergen das Geheimnis der Wirkung, und sie gleichen nicht den kurzlebigen "Sommerkurgästen" an der See, sondern alten Ureinwohnern, die auch im Frühjahr, Herbst und Winter emsig an der Arbeit sind.


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