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53° 42' 26" N 7° 8' 49 Flagge der Insel
Chronik einer Insel
Insel Norderney

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Weihnachtsausgabe Badekurier 1960
 
Seite 16

Lebendige Insel-Vergangenheit

alte KanonenrohrSo wie dieses alte Kanonenrohr, das zusammen mit dem ehrwürdigen Riesenanker aus der Segelschiffszeit den Vorplatz des insularen Fischerhausmuseums ziert, gibt es noch manche andere Dinge, die die Vergangenheit Norderneys lebendig machen und die es verdienen, einmal der Vergessenheit entrissen zu werden.

Den Reichtum seiner Parkanlagen verdankt Norderney, was heute vielfach kaum mehr bekannt ist, im Grunde genommen der Welfenzeit. Wenn hier auch nichts gleiches geschaffen werden sollte, wie die Schönheiten Herrenhausens, so doch zum mindesten eine Erinnerung hieran, wenn der Hof seinen Sommeraufenthalt an der Nordsee verbrachte. Zwei besonders markante Punkte der Insel erinnern auch noch namentlich an jene besonders glanzvollen Zeiten. Die "Marienhöhe" galt als Lieblingsaufenthalt der Königin Marie von Hannover. Diese Vorliebe teilte sie übrigens auch mit keinem Geringeren als Heinrich Heine, der hier zu einigen seiner bekanntesten Dichtungen inspiriert wurde. An den bevorzugten Aufenthalt des blinden Königs Georg V. erinnert die Georgshöhe, heute Standort der Inselwetterwarte, und seit dem letzten Jahre auch ausgebauter Aussichtspunkt.

Und wenn man noch weiter zurückblicken will: Schon der Name "Napoleonschanze" sagt aus, welchen Ursprung eigentlich das reizvolle Inselfleckchen um den verträumten Schwanenteich hat. Es handelt sich um eine 1811 angelegte und mit einem Wassergraben gesicherte Befestigung, die es der damals nach Norderney gelegten, etwa 200 bis 300 Mann starken französischen Besatzung besser ermöglichen sollte, den Schleichhandel zu unterbinden. Zu dieser Beschäftigung aber waren damals die Einwohner vielfach gezwungen, nachdem ihnen die Kontinentalsperre jeden Erwerb durch Seefahrt und Fischerei zerschlagen hatte. Während an den mehrmaligen Aufenthalt Blüchers auf Norderney heute nichts mehr erinnert, kann man noch immer das durch eine Gedenktafel gekennzeichnete Haus an der Marienstraße sehen, in dem Bismarck 1844 und 1853 wohnte, bei seinem zweiten Besuch schon preußischer Bundestagsabgeordneter. König Georg bat ihn damals, nach seinem Norderney - Aufenthalt in Hannover Station zu machen. Bismarck folgte dieser Einladung auch, nicht jedoch dem Vorschlag, hannoverscher Minister zu werden. Sicher hätte die deutsche Geschichte manch andere Wendung genommen...

Ähnliche Gedanken können sich auch um einen anderen Mann ranken, der wesentlich später an die Spitze der nun schon kaiserlich - deutschen Politik gelangte, um den Reichskanzler von Bülow. Fürst von Bülow, der auf Norderney ein eigenes, heute noch am Weststrand stehendes Sommerhaus besaß, erlebte hier den Höhepunkt seiner Laufbahn, später aber auch den Beginn seines tragischen Falles. Im Juli 1904 wurde in den Räumen des damaligen "Großen Logierhauses", des heutigen Kurhotels ein deutsch - russischer Handelsvertrag unterzeichnet. Vier Jahre später nahm vom Sommerdomizil des Grafen auf Norderney jene unglückliche Affäre ihren Ausgang, die schon bald als "Daily Telegraph-Interview" zur außenpolitischen Isolierung des Reiches führte. Bülow stürzte wenige Monate später, vielleicht einer der wenigen Letzten, die das Verderben hätten aufhalten können. Die Kurgäste und Einwohner Norderneys aber verstärkten in den kommenden Jahren noch ihre Sympathien für den nun entmachteten Staatsmann, der noch bis 1914 regelmäßig zur Insel kam, und als nach dem Zusammenbruch ein vielleicht noch größerer deutscher Politiker, Gustav Stresemann, Norderney zu seinem Sommeraufenthalt erkor - er wohnte in der Moltkestraße -, da konnte man hierin mit Recht eine Fortsetzung jener Wertschätzung erblicken, die so viele andere bedeutende Leute vor ihm Norderney geschenkt hatten.


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