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Weihnachtsausgabe Badekurier 1963
 
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StrandHervorzuheben bleibt des weiteren, wenn von der Zusammensetzung der Luft an der Nordseeküste die Rede ist, in erster Linie auch ihre Reinheit. Dieser Faktor kann, gerade auch heute angesichts der zunehmenden Verunreinigung der Luft durch Kraftverkehr, Industrie und andere Zivilisationserscheinungen, nicht hoch genug veranschlagt werden. Am Meer ist schon ganz zwangsläufig alles frei von Schmutz- und Staubpartikelchen. Durchaus ähnlich verhält es sich mit dem Keimgehalt der Luft an der See. Er ist direkt an der Flutmarke gleich null. Was geschieht aber bei Landwind, kann er nicht einen eventuellen Keimgehalt auch bis zu den Inseln über das Wasser tragen und praktisch hier dem Binnenland in dieser Hinsicht angenäherte Verhältnisse schaffen? Nein, das ist in dieser Form unmöglich, und zwar aus einem sehr einfachen Grunde. Die Lichteinstrahlung an der See ist bekanntermaßen besonders groß, und fast alle Krankheitskeime aber gehen unter dem Einfluß des Lichtes schnell zugrunde. Überdies wirkt sich zwischen den Inseln und dem Festland verständlicherweise auch das schon weitgehend den Einflüssen der offenen See unterliegende Wattenmeer aus. Als weitere Besonderheit kommt hinzu, daß sich bei uns nicht, wie meist im Binnenlande, die Winde vom Vor- zum Nachmittag nur um 10 Grad drehen. An der Meeresküste tritt durchweg eine erhebliche Änderung der Windrichtung auf, so daß im allgemeinen der Wind gegen 14 Uhr fast senkrecht zur Küste steht.

Es unterliegt keinem Zweifel, daß gerade diese Reinheit der Luft eine ungeheure Bedeutung für die Erholung des Kurgastes spielt. Am Beispiel von Kinderkuren zeigte sich das schon vor vielen Jahrzehnten auf Norderney sehr überzeugend. Nicht minder aber ist es auch für den Erwachsenen von größter Wichtigkeit, wenn - und sei es auch nur vorübergehend für ganz wenige Wochen - der ewige Kampf des menschlichen Organismus mit immer neuen Angriffen gegen Erkältungs- und andere Keime unterbrochen wird und so dem Körper endlich einmal Zeit bleibt, mit den einmal schon in ihm vorhandenen Krankheitsstoffen fertig zu werden.

Manche Ärzte vertreten den Standpunkt, daß die Bewegung der Seeluft an sich schon ein kardinaler Bestandteil des Meeresklimas sei. Die Wirkung des Windes auf den menschlichen Körper besteht zunächst in einer gesteigerten Wärmeentziehung, die dann durch eine stärkere Verbrenntätigkeit des Körpers ersetzt wird, also einen gesteigerten Stoffwechsel. Wenn die Wärmeentziehung durch den Seewind ein gewisses Maß erreicht, so muß diese chemische Regulierung also erhöhte Wärmebildung durch gesteigerten Stoffumsatz bewirken. Zunächst ist weder die Temperatur des Windes maßgebend, sondern vielmehr in welchem Umfang der Wind den Körper trifft und ihm Wärme entzieht. Das hängt natürlich einmal von der Kleidung, die man trägt, ab, dann davon, wie man sich in der Meeresluft betätigt, und drittens von der relativen Größe der Körperoberfläche, der Dicke der Haut und des Unterhautzell - Fettgewebes. Der so durch den Wind gegebene Reiz zu stärkerer Betätigung der Körpermuskulatur führt zu muskulärer Kräftigung und Körpergewichtszunahme in Bezug auf Muskulatur und Herzgröße, wie sich bei Kindern immer wieder zeigt. Eine weitere Wirkung des Windes spielt sich direkt in den Hautgefäßen und den sie betätigenden Nerven ab. Der zunächst durch den Wind bewirkten Verengung der Gefäße folgt sehr bald die reaktive Erweiterung. Wir kommen zu dem, was man gemeinhin "Abhärtung" nennt, zur Gewöhnung der Haut an äußere Reize mit ihrer prompten Reaktion auf solche Einflüsse. Es stellt sich wieder ein, das bekannte als "Gefäßgymnastik" bezeichnete Spiel der Hautgefäße, das nicht nur für den Blutkreislauf überhaupt von großem Einfluß ist, sondern in erster Linie der Hauttätigkeit zugute kommt. Verbinden wir diese Wirkung mit der Erweiterung der Hautgefäße durch Sonnen- und Lichtwirkung, so nimmt uns nicht wunder, daß wir in kurzer Zeit an der See eine durchgreifende Veränderung des Hautaussehens und ihre Tätigkeit erleben. Wenn dann mit dem weiterschreitenden Jahre auch wieder die ersten Luftbäder möglich werden, dann zeigt sich noch drastischer, wie die vordem manchmal so spröde, ekzematöse Haut glatt und glänzend wird und so, nach sehr vorsichtigen Steigerungen, schon rein äußerlich einen immerhin beachtenswerten Hinblick auf Besserung gibt. Der Wert für den Blutkreislauf liegt in der erleichterten Arbeit des Herzens, das so erheblich leichter sein Blut in die gleichzeitig reaktiv erweiterten Hautgefäße und die durch die erhöhte Arbeitsleistung (Spazierengehen statt Autofahren) besser durchbluteten Muskeln treiben kann. Wir erkennen also in sehr vielfältiger Weise die Wirkung des Windes am Meer als einen echten Heilfaktor des Seeklimas, und dieses durchaus nicht nur im Sommer, sondern vielmehr wahrscheinlich ausgeprägter auch in der kühleren Jahreszeit.


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