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Weihnachtsausgabe Badekurier 1965
 
Seite 8

"Mitten in der Saison, die Deern!" Nicht schlecht erstaunt ist sie über meine unverhoffte Ankunft, die gute alte Wilhelmine, Pension Wilhelmine. Aber dann zaubert sie doch noch ein Zimmer her. Schließlich bin ich ja aus dem Rheinland, wie sie. Ich muß vom Rhein erzählen, sage, daß er immer schmutziger werde, zum Glück seien aber die schmucken Schiffe der Köln-Düsseldorfer weiß wie nie, genau wie die Frisia-Dampfer, und ein "Rheintürchen" zu zweit sei eine Freude wie ehedem. Da freut sich das Rheintöchterlein, das hier oben einst in den Ferien einem Hein ins Netz gegangen. Aber der Gute ist im Krieg auf See geblieben, und sie hat eine Pension aufgemacht. Längst eine waschechte Friesin geworden, gehärtet in Nordseestürmen und den Launen ihrer Pensionsgäste, serviert sie nun jeden Morgen einen Frühstückskaffee, der keiner ist, weil er so gut ist, viel Mütterlichkeit, und jedem, ganz ohne Zuschlag, ein gekochtes Ei, ein Dreiminutenei, ein Vierminutenei.

Das Zimmer ist klein, aber hübsch. Über dem Bett hängt eine vergilbte Fotografie. Ein Badekarren aus der guten, alten Zeit, davor ein paar Badegäste in Kostümen à la mode - es darf gelacht werden.

Durch das offene Fenster streicht die Seeluft und mischt sich mit dem Duft frischgestärkter Wäsche. Auf dem Nachttisch steht ein Wasserglas mit ein paar Strandnelken. Das ist gut. Da schläft man rasch ein, denn man ist müde von der Reise, und nimmt das Branden des Meeres mit hinab in den Traum.

Blauweiß gestreift ist er. 313 ist ein schöner Badekorb, und er ist komfortabel, denn er kostet 16 Mark pro Woche. Er ist zweisitzig. Der zweite Sitz gehört Strubbel. Strubbel ist kein Pudel und auch kein Cockerspaniel, sondern eine junge Dame, die im Alltag Schulkindern Leibesübungen beibringt, und wie man Purzelbäume schlägt und auf dem Kopf steht. Ich lernte sie auf dem Schiff kennen, als wir beide der gleichen Beschäftigung nachgingen und unsere Butterbrote an die Möwen verfütterten, sie dem natürlichen Kreislauf erhaltend. Strubbel, die doch das schwarze Haar immer glatt zurückgekämmt trägt, das quicklebendige Paradoxon, Strubbel, die so gerne tanzt, die freche Chansons zur Gitarre weiß, Strubbel, mit großer Liebe für Wikinger - sie befand, wir hätten manches gemeinsam - nicht nur die Sympathien für Möwen -, also wurden wir Strandkorbfreundinnen.

Neben 313, das leuchtet ein, gibt es 312 und 314. 314 bedeutet eine Familie mit zwei sommersprossigen Rangen, die ewig raufen, 312 ein massives Ehepaar, Herrscher über eine massive und stolze Burg. Leider ist die Festung im Augenblick etwas ramponiert. Einer der beiden Knaben fiel bei einer Rauferei glatt in den Außenwall, riß einen Teil der inneren Mauer mit und ließ nur den Bergfried stehen.

Das ist der Badestrand. Körbe, Körbe, Körbe. Blauweiß gestreift, rotweiß gestreift, buntbewimpelt. Ein friedliches Heerlager der Badelust. Ein Ort der Sonnenanbetung. Die Luft ist erfüllt von Eiscremeduft, Kindergeschrei, dem Rufen energischer Mütter. "Es singt das Meer die alte Melodie... " Sonnenbäder werden nach strengem Ritual ausgeführt. Einreiben, zehn Minuten hinten, zehn Minuten vorn. Die Sonne strahlt herab auf Bleiche und schon Gebräunte, auf solche, die es vertragen, und solche, die es nicht vertragen. Hier ist das große Experimentierfeld der Sprays und Pasten, der Öle und Creams, der Lotions und Sunmilks. Fanal brodelnder Urlaubsenergie.


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