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Norderneyer Badezeitung | Norderney Kurier
Von Norderney aus in die Sterne gucken
Unsere Insel als Standort der ersten "Feriensternwarte" der Bundesrepublik?
Seit altersher ist die Inselbevölkerung, deren männlicher Teil einst überwiegend aus Seeleuten bestand, an der praktischen Astronomie besonders interessiert. Der Schiffer, wenn er wochenlang kein Land in Sicht hatte, war - um den Standort seines Fahrzeuges zu bestimmen - zwangsläufig auf die Beobachtung der Gestirne angewiesen. Noch heute erinnert an diese Zeit der "eisernen Männer auf hölzernen Schiffen" das Fragment eines mächtigen Sextanten aus dem 18. Jahrhundert, das im Heimatmuseum aufbewahrt wird. Wenn man dies weiß, nimmt es eigentlich nicht wunder, daß Norderney eine kleine Sternwarte hat. Die Anlage wurde vor einigen Jahren von einem Nachkommen dieser alten Seefahrergeschlechter größtenteils in Eigenarbeit und mit Hilfe interessierter Freunde erbaut. Die Sternwarte (Bild rechts in ihrem heutigen baulichen Zustand) befindet sich in der Nähe des alten Inselwahrzeichens, des Kaps von Norderney. Eine drehbare Kuppel, die das Fernrohr umgibt, ruht auf einem viereckigen Turm mit Rundgang. Der Besucher erreicht den Beobachtungsraum über eine Außentreppe.
Man muß einfach an einem klaren Abend hier Stunden verbracht haben, um den Zauber der Sternenwelt zu erahnen. Am Spiegelteleskop betrachten wir den Reigen der Jupitermonde oder, nach Auswechseln der Okulare in stärkerer Vergrößerung, die gestreifte Wolkenstruktur und die plattgedrückte Form des großen Planeten selbst. Von den anderen Gestirnen unseres Systems sehen wir im Moment nur den Saturn. Seine Stellung zur Erde ist jedoch so, daß man seinen typischen Ring nur als Strich auszumachen vermag. Immerhin treten noch zwei seiner neun Monde ins Bild. Aber wir können auch unsere "nähere Umgebung" verlassen und in den Fixsternhimmel hinaus wandern.
Die Betrachtung eines offenen Sternhaufens wird jedem, der dies einmal erlebt hat, unvergessen bleiben. Während nur die schrillen Schreie ziehender Seevögel unsere kosmischen Wanderungen unterbrechen, hat sich langsam das Sternbild des Orion aus dem Osten erhoben, das Symbol des Winters am Himmel. Wären wir Menschen weniger kurzlebig, könnten wir die Geburt unzähliger neuer Sterne erleben. Unterhalb der drei Gürtelsterne des Orions leuchtet bunt der Orionnebel, sichtbar gemacht durch die große Lichtkonzentration unseres Parabolspiegels. Wir sehen ein leuchtendes Gas, hauptsächlich aus Wasserstoff bestehend und unvorstellbar dünn verteilt. Alles fließt chaotisch mit ungeheurer Geschwindigkeit nach allen Richtungen auseinander und bildet doch innerhalb dieser Turbulenz dauernd neue Sterne. Zeit und Raum gehen verloren bei diesem nächtlichen Erleben am 20-cm-Newton-Fernrohr. Geplant ist nun, auch Sternfreunden aus der Großstadt, denen die Möglichkeit nächtlichen Beobachtens durch die Überhellung des Himmels nicht gegeben ist, auf Norderney eine Möglichkeit zu schaffen, Blicke in das All zu tun. Man denkt an den Ausbau der Anlage zu einer "Ferien-Sternwarte" (nebenstehend). Alle Interessierten können hier in ihrem Urlaub zusammenkommen, Gedanken und Erfahrungen austauschen und wertvolle Kontakte pflegen. Nicht nur örtliche Stellen, sondern auch astronomische Fachleute und Organisationen haben ihre Unterstützung in Aussicht gestellt. Es gilt eine Einrichtung zu schaffen, die in dieser Form nicht nur in der Bundesrepublik schon lange ein Bedürfnis ist.