Chronik der Insel | Betriebe und Einrichtungen | Insel und Küste | Insel und Stadt Historisch | Küstenschutz | Presse | Vereine
Norderneyer Badezeitung | Norderney Kurier
Während in der Vergangenheit das Selbstverständnis der Heilbäder und Kurorte in erster Linie vom Kurmittel geprägt wurde, ist es heute bestimmt von den Aufgaben der Prävention und Rehabilitation sowie der Behandlung chronischer Krankheiten. Bei der Lösung dieser Aufgaben haben sich die traditionellen Kurmethoden durchaus bewährt. Sie sind heute in eine breite, systematische Allgemeintherapie eingefügt. Diese Allgemeintherapie erfordert allerdings zeitgemäße Ergänzungen, wie z. B. Gesundheitserziehung. Anpassungsstörungen der Menschen im schnellen und sozialen Wandel unserer Industriegesellschaft begünstigen und verursachen spezifisch menschliche Erkrankungen. Das besondere Milieu vor allem eines Nordseeheilbades hat schon immer die seelische Reorganisation der Kurgäste begünstigt, die heute auch systematisch und methodisch angestrebt wird.
Wissenschaftler haben besonders dargelegt, daß der Kurerfolg im Zeitalter der Rehabilitation vornehmlich sozial-orientiert ist. Er kann daher in der Regel auch nicht labormäßig gemessen werden, sondern nur sozial in Einheiten an Arbeitsfähigkeit oder Nichtinvalidität. Die erreichbare, die "soziale Gesundheit", ist das reale Rehabilitationsziel, und die erfolgreiche Rehabilitation letzthin "soziale Heilung".
Zur Verwirklichung dieses Zieles tätigte Norderney in der Vergangenheit große Investitionen und wird dies auch weiter tun, und dies auch noch aus anderen Gründen: In der Bundesrepublik Deutschland verstärkt sich die Tendenz, neben einem Urlaub für Vergnügungs- und Bildungszwecke, einen zweiten Urlaub im Jahre Erholungs- und Gesundheitszwekken zu widmen. So erhalten insbesondere auch in den Seeheilbädern jüngere Menschen die Gelegenheit zu ersten Kontakten mit dem Heilbad. Eine rechtzeitige Präventationskur zur Erhaltung und Wiedergewinnung der Leistungsfähigkeit vermag dem heutzutage schon in verhältnismäßig jungen Jahren auftretenden sogenannten "Arbeitsknick", einem Abfall der Leistungskurve und den Schädigungen durch die moderne Industriegesellschaft entgegenzuwirken.
Böse Zungen unter den Befürwortern einer Intensivierung der deutschen Kurmethoden behaupten, die Heilbäder seien vor allem deswegen gegen eine Intensivierung und Abkürzung der Kuren, weil ein Vierwochengast mehr Geld bringe als ein Kurz-Kururlauber.
Das ließe sich schon allein dadurch ad absurdum führen, daß die Versicherungsanstalten im Normalfall eine Vierwochenkur bezahlen - und Versicherungen sind nicht gerade für ihre Großzügigkeit berühmt. Aber die Ursachen liegen tiefer: Bei allem intensiven Bemühen der Experten ist es bisher nicht gelungen, eine Alternative zur Vierwochenkur zu finden. Im Gegenteil: Auch die neuesten Forschungsergebnisse erhärten die alte These, daß aus nichts nichts kommt.