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Norderneyer Badezeitung | Norderney Kurier
Gespräche, von denen niemand mehr weiß
Man weiß heute so gut wie nichts über den Inhalt jener Gespräche auf Norderney. Auch Bismarck schweigt sich in seinen Aufzeichnungen darüber aus. Seine Norderney-Briefe aus jenen Tagen lassen allerdings keine allzu erfreuliche Atmosphäre erkennen. Vieles spricht dafür, daß Bismarck, der sich wiederholt - wie schon betont - als ein Mann des politischen Ausgleichs gezeigt hatte, trotz allerengen verwandtschaftlichen Bindungen zwischen den Königshäusern in Berlin und Hannover, mit der ihm eigenen Hellsichtigkeit nicht nur Konflikte vorhergeahnt, sondern auch ihren Ausgang zutreffend eintaxiert haben muß. Vorteile des Augenblicks, die sicherlich in manchem Anerbieten des Welfenkönigs gelegen haben dürften (er empfing übrigens Bismarck auf seiner Norderney-Rückreise in Hannover und trug ihm ein Ministeramt an), interessierten einen Bismarck demgegenüber kaum, damals so wenig wie später.
Was nach diesem zweiten Norderney-Besuch Bismarcks bleibt, sind Gedankenspiele. Wie wären Deutschlands Geschicke anders gelaufen, hätte Bismarck sich bei den insularen Gesprächen in den Bann des Königs der Hannoveraner ziehen lassen, der weitgehend den österreichisch-großdeutschen Gedanken anhing und dieses schließlich auch mit seinem Thron bezahlen mußte; wurden gewisse Weichen auf dem Weg zu einem Wiederzerfall der sich gerade zaghaft anbahnenden deutschen Einheit schon damals gestellt? Anders als des Bundeskanzlers Brandt Norderney-Besuch von heute haftet jenen insularen Septemberbegegnungen ein wenig von dem an. was man als "Flügelschlag der Geschichte" bezeichnet.
Bismarck hat Norderney nie wieder betreten. Und doch ist zweifelsohne einiges an Erinnerungen an dieses Eiland in ihm geblieben, ein Zurückdenken, das sich auch politisch niederschlug und dies gerade in einer Lage, die für Bismarck nicht eben die beneidenswerteste war. Überliefert ist Bismarcks Antwort, die er im Juli 1866 Napoleons III. Gesandten, dem Grafen Benedetti, gab, als dieser im Auftrage seines Monarchen Kompensationswünsche für die französische Neutralität im Waffengang mit Österreich-Ungarn anmeldete. Napoleon wünschte damals die Abtretung der Gegend von Landau und des Saargebietes.