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Norderneyer Badezeitung | Norderney Kurier
Mit einer kleinen Feierlichkeit machte sie die zweite Tasse für ihren Gast zurecht, das heiße Getränk auf den knisternden Kandis gießend, und ein Wulkche Sahne hineinschöpfend. Dann goß sie aus dem kochenden Wasserkessel in den Teetopf nach für die obligate dritte Tasse, die Blätter im Topf zu erneutem Ziehen aufwirbelnd.
Wissen Sie, Herr Seidelmann, wenn die Saison richtig im Gange ist, dann komme ich ja nicht zur Ruhe, dann arbeite ich von morgens bis abends mit meinem Mädchen, und keiner merkt viel davon, denn darin wäre ja keine Ruhe im Hause. Aber immer mit Verstand und Voraussicht! - Anners käme ich ja zu gar keiner Lebensfreude."
"Lebensfreude sagen Sie, Fräulein H. - was machen Sie denn so in Ihren ruhigen Monaten?"
"Oh, wissen Sie, ich bin ja nun kein "gebildetes" Fräulein, aber darum habe ich doch vieles, was mir Freude macht und wozu ich Zeit habe. Ich mache mir keine Gedanken um alles, aber es sind meist keine guten Gedanken, und dann komme ich mit anderen Frauen hier zusammen und wir arbeiten zusammen was für bedürftige Mitmenschen und so, - aber am meisten Spaß habe ich doch immer an meinem Haus, da gibt es immer was zu tun. Da ist meine Wäsche nachzusehen, die Möbel sind zu polieren, und da ist was anzustreichen. - Wissen Sie, Herr Seidelmann, am meisten Freude hat man doch an dem, was man selbst geschaffen hat, und wenn auch gar nicht alles unbedingt nützlich ist, was man daran tut, so macht doch schon die Beschäftigung mit den eigenen Sachen Freude, und das ist hauptsächlich mein Lebensinhalt, und ich weiß nicht einmal genau, ob ich das alles entbehren kann, wenn ich mich tatsächlich mal zur Ruhe setze, - nee, ich weiß es noch nicht - und deshalb habe ich mich auch nicht fest entschlossen - vielleicht nehme ich mir auch nur eine tüchtige Haushälterin, aber bleib doch Herr über alles, auch wenn ich nicht viel mehr aus meinem Stuhl herauskommen sollte."