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53° 42' 26" N 7° 8' 49 Flagge der Insel
Chronik einer Insel
Insel Norderney

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Teil 21

Norderney Kurier (Serie erschien vom 03.06.2016 - 24.02.2017)

Inselmüller Fleetjer muss, als der Fliegerhorst erweitert werden soll, um seine Mühle bangen

Ganz oben auf einer gedachten "Prioritätenliste" eines jeden Mühlenbesitzers stand stets die Sicherheit seines Arbeitsplatzes - die Mühle. Sie gegen Sturm und Feuer zu versichern war von jeher genauso wichtig wie nicht einfach, und dies gilt noch bis in die Gegenwart hinein. Beide Gefahren sind sehr groß, die Region an der Nordseeküste wird gerade in der Zeit zwischen Oktober bis März nicht selten von schweren Stürmen oder Orkanenheimgesucht. Auch die Feuergefahr war immer sehr groß. Die Mühle besteht zu einem nicht geringen Anteil aus Holz, und wie im Falle der Inselmühle sind Achtkant (Rumpf der Mühle) und die Kappe reetgedeckt. Aus diesem Grunde ist es bis heute auch für die Versicherer kein geringes Risiko und nicht jede Versicherung ist bereit, eine Mühle zu versichern.

In ihrem "Ostfriesischen Mühlenbuch" schreiben die Autoren W. Norzel und H. Weßling: "Bei der Zwangsgründung der Feuersocietät für die Städte und Flecken in Ostfriesland im Jahre 1754... waren Mühlen ausgeschlossen. Den Mühlenbesitzern blieb nur die Möglichkeit, ihre Mühle weiterhin bei ausländischen Versicherungs-Gesellschaften gegen hohe Prämien zu versichern oder sich im Rahmen der Selbsthilfe zu schützen. So kam es nach mehrmaligen Anläufen am 5. Juli 1779 zur Gründung der "Mühlenbrand-Societät für Ostfriesland und Harlingerland auf Gegenseitigkeit". Die Societät erteilte den Mitgliedern Versicherungsschutz gegen Feuergefahr auf Gegenseitigkeit, nach Satzung und besonders festgelegten Bedingungen.

Eine der "besonders festgelegten Bedingungen" war eine regelmäßig durchzuführende Kontrolle eines durch die "Generalversammlung der Societät" berufenen Bezirks- oder auch Distrikts-Deputierten. Diese hatte wenigstens einmal jährlich stattzufinden und musste sorgsam protokolliert werden. Hierfür lag in jeder Mühle ein sogenanntes "Revisionsbuch" aus und war jeweils von beiden Seiten her zu benutzen. Die erste Seite von vorn war betitelt: "Revisionsbuch betreffend des Mühlenbetriebes durch den Distriks-Deputierten" und die erste Seite von hinten war beschriftet: "Revisionsbuch betreffend Blitzableiter, elektr. Licht- und Kraftanlagen nebst den maschinellen Einrichtungen".

Ebenso gab es sehr strenge Vorschriften, was das allgemeine Verhalten an diesem besonderen Arbeitsplatz anging: das "Tabackrauchen" war bei einer "Konventionalstrafe von 15 Reichsmark (RM)" verboten, und - neben weiteren Vorschriften - hatte in der Kappe der Mühle stets ein "mit eisernen Reifen versehenes Faß zu stehen, hundert Liter Wasser enthaltend, worin zur Winterzeit zur Abhaltung des Frostes Salz zu werfen sei". In der Nähe dieses Wasserbehälters mußte sich eine Quaste und eine kupferne Wasserspritze befinden!

Neuer Fliegerhorst an der Mühle, Ansicht von Südosten.

Neuer Fliegerhorst an der Mühle, Ansicht von Südosten.

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahr 1933 änderte sich viel auf der Insel Norderney - und auch ganz speziell für die Norderneyer Inselmühle. Nach dem Ersten Weltkrieg mit dem Versailler Vertrag vom 28. Juni 1919 war eigentlich eine vollständige Entwaffnung des Deutschen Reichs durch die alliierten Siegermächte angeordnet worden; allerdings - so schreiben J. Friese und B. Röben in ihrem Buch: "Die Festung Norderney im Zweiten Weltkrieg" - durfte die Marine "innerhalb einer 50 Kilometer breiten Zone vorhandene Küstenbatterien und Seefestungen weiter unterhalten und ausbauen ... Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Norderney nicht demilitarisiert. Ab 1919 wurde die Bewaffnung der Insel im Laufe der Folgejahre sogar noch um zwei Batterien, diesmal der Kaliber 15 Zentimeter, aufgestockt. Zusammen mit den vorhandenen Seeziel- und Flakbatterien wurden alle Batterien ab 1922 von der neu gebildeten Reichsmarine und dem Landheer als Übungsbatterien benutzt."

Nach 1934 begann - auch auf der Insel Norderney - eine offene Aufrüstung. Der Bau des "Fliegerhorstes", also der Kasernen an der Mühle, fand in unmittelbarer Nähe der Mühle und des Wohnhauses der Müllerfamilie statt. Bis dahin hatte die Mühle einen eher abgelegenen Stand, man lebte hier etwas "außerhalb". Bis 1934 gab es bis zum Wasserturm hin immer noch Wiesen und Weiden, auf denen Schafe oder Pferde gehalten wurden.

Jetzt aber wurde das Kasernengebiet aus dem Boden gestampft und das im wortwörtlichen Sinne.

Es wurde Tag und Nacht gebaut, eine Familien-Anekdote erzählt, dass meine Großmutter sich davon so sehr gestört fühlte, dass sie sich beim Inselkommandanten beschwerte. Erstaunlicherweise hatte das keine besonderen Konsequenzen, wie man es sich vielleicht vorstellt, keine Sanktionen. Es wurde ihr und der Familie lediglich angeboten, während der Bauarbeiten eine andere Wohnung zu nehmen, was allerdings nicht angenommen wurde. Zum Mühlen-Grundstück hin wurde eine Mauer gebaut, mit einem Stacheldrahtzaun obendrauf - und das war alles. Diese Mauer besteht auch heute noch, allerdings ohne Stacheldraht. Soweit mir bekannt ist, hatte unsere Familie keine Information zu folgendem Plan der Militär-Verwaltung (Karl Etzold "Die Flugstation Norderney 1914-1939", S. 19):

"Anfang 1934 wechselte das Haus 'Frisia' (heute Erholungsheim BMI) am Ortseingang seinen Besitzer, dort etablierte sich die Bauleitung der Luftwaffe. Ein neuer Plan sah vor, den Flugplatz nach Norden zu erweitern, die Häuser an der Marienstraße zu erwerben, abzubrechen und im Kurpark die Baumkronen zu stutzen, da die Wirbel Start und Landung - speziell von Jagdflugzeugen - sehr erschwerten. Unschlüssig war man über den Abbruch des Hauses Bellevue (Kurklinik) und der Mühle." Weiter schreibt der Autor Karl Etzold:

"Ich informierte den Malermeister Meier an der Marienstrasse und meinen bei der Stadt beschäftigten Bruder. Bürgermeister Dr. de Haan konnte die Ausführung (dieser Pläne) verhindern."

Die Randdünenkette am Nordstrand, vom Januskopf (heute: Surfcafé und Riffkieker) bis zur Weißen Düne wurde feld- und festungsmäßig ausgebaut. Zu den bereits bestehenden Leitständen der alten Batterien aus dem Ersten Weltkrieg zwischen der Meierei und der Aussichtsdüne "Zuckerpatt" kamen Munitionsbunker und Stapelräume, Scheinwerfer und Horchposten, Gruppenunterstände und leichte Flugabwehrstellungen.

Der Dünensender, eine große Funk- und Sendestation, wurde errichtet. In der Mühlen- , Richthofen- und Tannenstraße wurden Kommandantur- und Wohnhäuser gebaut.

Die Police der Mühlenbrand-Societät.

Die Police der Mühlenbrand-Societät.

Das Revisionsbuch der Mühle "Selden Rüst".

Das Revisionsbuch der Mühle "Selden Rüst".


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