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Nach dem 28. Juli überstürzen sich die Ereignisse - die Hoffnung der Menschen schwindet zusehends
Rektor Jann Berghaus war der DDP (Deutsche demokratische Partei) zugetan und als Gemeinderatsmitglied hat er die Geschicke der Insel mit geleitet. Berghaus war bei den Norderneyern sehr beliebt, weil er sich mit den Insel Bewohnern in der plattdeutschen Sprache verständigte. Wegen seiner warmherzigen Eigenschaften als Mensch hatte er sofort das Vertrauen der "Eyländer" gewonnen und deshalb war er in den kommenden Kriegsjahren "der Mann" auf Norderney. In seiner Erzählung "Der Weltkrieg 1914-1918" schreibt er:
"Die Ereignisse überstürzten sich nun. Am 28. Juli nahm der Krieg mit Serbien seinen Anfang, am 1. August erklärte der Kaiser den Krieg an Russland, am 3. August an Frankreich und am 4. erklärte England uns den Krieg. Die Kurgäste verließen unsere Insel in immer stärker werdendem Strom, anfangs noch zögernd, dann in Massen. Militärisch wurde die Räumung der Insel geboten, doch ward dieser Befehl bald zurückgenommen. Der Zuzug zur Insel wurde untersagt. Diese Sperrung blieb für die ganze Dauer des Krieges aufrechterhalten. Nur in besonders begründeten Fällen wurde der Zutritt gestattet.
Besondere Alarmierung
In den Häfen von Norderney und Norddeich herrschte ein geradezu verwirrender Betrieb. Von einem fahrplanmäßigen Schiffverkehr konnte keine Rede mehr sein.
Bereits am Tag vor der allgemeine Mobilmachung erfolgte eine besondere Alarmierung für unsere Insel. Für die Bewachung und zum Schutz war zunächst eine Kompanie vorgesehen, die ausschließlich aus Norderneyern, vom Hauptmann bis zum Gemeinen, gebildet wurde. Auf dem Schulboden lagen Uniformen, Waffen und Munition für den Kriegsfall bereit.
Als dann im Reichstag die Kriegskredite geschlossen bewilligt wurden, auch das ganze Volk sich einmütig und einträchtig erwies, wie kaum zu erhoffen gewesen, da war ich von einer großen Last befreit." So berichtet Jann Berghaus.
Lehrer Rotschild berichtet
Die Flucht der ausländischen Juden aus Norderney wird in einem Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentum" am 28. August 1914 von dem Lehrer Adolf Rotschild, Achim-Bremen, beschrieben. Hier ein kleiner Ausschnitt:
"Die Saison auf Norderney begann mit einem guten Besuch. Trotz der allgemeinen schlechten wirtschaftlichen Lage sah man unter den Kurgästen viele in- und ausländische Juden. Auch russische Chassidim in langen Kaftans, schwarzen Bärten, Pajes gewährte man zu bestimmten Zeiten auf der Promenade. An einen europäischen Krieg mochte niemand denken. Als schließlich die ersten Zeichen ungünstige Banknachrichten einfließen, rüsteten viele, größtenteils Männer zur Abreise. Vom 25. Juli an kamen täglich Telegramme an die zurückgebliebenen Frauen und Kinder aus der Heimat an: "Lage ungünstig, sofort zurückkommen!"
Am 30. Juli schwand die Hoffnung der Menschheit. Schnellstens wurde gepackt und abgereist. Einige der damaligen russischen Juden sind jetzt nach Holland gereist, wegen der Sperrung der Grenze ihrer Heimat Russland, das sich jetzt mit Deutschland im Krieg befand."
Das Hotel Hoffmann-Falk an der Bismarckstraße war die erste Adresse für jüdische Badegäste. Hier wohnten wahrscheinlich auch die russischen Juden.
Auf dem Schulboden lagen Uniformen, Waffen und Munition für den Kriegsfall bereit. Die beiden Dachmansarden auf der Westseide waren die Kleiderkammern für die Feuerwehr und die Inselwache. Über die geschlossene Wendeltreppe gelang man auf den boden. Der Treppeneingang, vom Schulflur zugänglich, war mit einer Eisentür versehen.
Die Insel verlassen und in Norddeich angekommen, fuhren viele russiche Juden mit dem Zug nach Holland, da die Grenze zu Rußland nach dem Ausbruch des Krieges gesperrt war.