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53° 42' 26" N 7° 8' 49 Flagge der Insel
Chronik einer Insel
Insel Norderney

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Teil 11

Norderney Kurier (Serie erschien vom 03.06.2016 - 24.02.2017)

Die Windrose erleichterte den Müllern die schwere Arbeit - Neuer Immobilienmarkt

Die Norderneyer Windmühle Selden Rüst ist vom Typ her ein Galerieholländer, wie er Mitte des 16. Jahrhunderts in den Niederlanden entwickelt worden war. Dieser Mühlentyp war ein wesentlicher Fortschritt in der Mühlentechnik.

Durch die erheblich größeren Bauhöhen mancher Holländerwindmühlen war es nicht mehr möglich, die Flügel oder den Steert zu erreichen. Beides musste zur ordnungsgemäßen Bedienung der Windmühle möglich sein. Man erfand deshalb eine Art umlaufenden Balkon - die Galerie,von der aus Flügel, Steert und Bremse bedient werden konnten. Diese Typen werden als Galerieholländer(mühlen) (Niederländisch: "stellingmolen") bezeichnet.

Anders als bei der Bockwindmühle, dem wohl ältesten und bekanntesten Mühlentyp in Ostfriesland, musste bei der holländischen Mühle nicht mehr die ganze Mühle in den Wind gedreht werden, sondern nur noch die auf dem Achtkant oder Rumpf auf Rollen gelagerte Kappe mit den beiden Flügelpaaren.

Dieser Mühlentyp hatte den Vorteil, dass im Innenraum der Mühle wesentlich mehr Arbeits- und Lagerfläche vorhanden war. Zudem konnten Standorte gewählt werden, wo durch die Bebauung der Umgebung sowie durch Bäume die volle Kraft des Windes beeinträchtigt war.

Wie ja bereits aufgezeigt, stand die Mühle Selden Rüst ursprünglich im freien Gelände, deshalb hat die Norderneyer Windmühle lediglich ein Untergeschoss - im Gegensatz zu mehrgeschossigen Mühlen wie zum Beispiel in Norden oder sogar mit fünf Geschossen die höchste Mühle Ostfrieslands in Hage (1871 erbaut, 30,2 Meter bis zur Kappenspitze).

Beim Baumbewuchs im Umfeld der "Schanze" wurde in frühererZeit darauf geachtet, dass eine Windschneise für die Mühle offen blieb. Vom äußeren Aufbau gliedert sich die Mühle in drei Abschnitte. Erstens: dem aus Zieglesteinen gemauerten Unterbau mit der umlaufenden Galerie; zweitens: der Achtkant oder Rumpf - seit Anfang der 90er-Jahre wieder mit Reet gedeckt; drittens: die Kappe oder Haube mit dem Flügelpaar und der Windrose.

Ursprünglich hatte die Norderneyer Windmühle keine Windrose, sie musste also mithilfe eines "Steerts", einer von der Mühlenkappe nach unten verlaufenden Balkenkonstruktion, in den Wind gestellt werden. Der größte Wirkungsgrad wird erreicht, wenn der Wind genau auf die Flügel trifft. Für das "in den Wind stellen" der Flügel sorgt auch heute die Windrose an der Mühlenkappe. Wenn die Mühle "im Wind steht", hat das Windrad keine Funktion, es "spielt" nur. Erst mit Änderung der Windrichtung beginnt sich das Rad zu drehen und bewegt über ein Kegelradgetriebe die Kappe mit den Flügeln in den Wind.

Die Windrose bedeutete eine enorme Arbeitserleichterung für den Müller, der bei wechselnden Winden ansonsten immer wieder auf die Galerie hinaus musste, um mit dem Steert die Flügel der neuen Windrichtung anzupassen.

Gründerjahre auf Norderney, Bauboom im 19. Jahrhundert - während der hannoverschen Zeit wurden die erschlossenen Grundstücke der Insel Norderney in Erbpacht vergeben - so wie es noch der erste Norderneyer Müller Ibbe Lammers Helmers im Jahr 1862 erlebte. Diese Verfahrensweise änderte sich nach 1866 grundlegend.

Allein im Jahr 1872 wechselten 44 Grundstücke auf der Insel ihren Besitzer. Gleichzeitig setzte erstmalig auf der Insel ein lebhafter Spekulationshandel mit Grundstücken und Gebäuden ein.

Die Ursache für eine derartige Entwicklung war eine sehr liberale preußische Witschaftsauffassung. Ab 1872 wurde der Verkauf von Grundstücken an jedermann freigegeben - lediglich mit der Verpflichtung, innerhalb von drei Jahren ein Haus darauf zu bauen.

Diese Politik und ihre Konsequenzen stießen nicht überall nur auf Wohlgefallen. Vom Gemeindevorsteher der Insel kam folgender Kommentar: "Der früher bestandene, in der Billigkeit und Zweckmäßigkeit liegende Brauch, dass Teile des fiskalischen Grundes und Bodens gegen mäßige Vergütung (Erbpacht) an hiesige Einwohner der Kultivierung und Bebauung überwiesen wurden, hat gänzlich aufgehört. Öde Sandplätze sind für über 100.000 Mark verkauft, so ist zum Beispiel für Schlachthausplätze eine viertel Stunde vom Ort entfernt 30 Mark pro Quadratmeter abgefordert worden."

Entscheidend dafür, dass dieser neue Immobilienmarkt auf Norderney funktionierte, war das neue, vom preußischen Staat eingeführte "Recht auf eine freie Wahl des Wohnsitzes".

Der Müller Ibbe Lammers Helmers musste noch 1862 beantragen, die Mühle auf Norderney bauen zu dürfen, hier leben und arbeiten zu können. Dieses wäre so nach 1872 nicht mehr notwendig gewesen, aber vermutlich wäre der Kauf des Grundstückes sehr viel kostspieliger geworden. Wie schon der Gemeindevorsteher beklagte: Was früher eine - auch für Insulaner - mittels Erbpacht bezahlbare Vergütung für Grund und Boden gewesen war, strebte dann in ungeahnte Höhen. Allein die Nachfrage bestimmte die Höhe der Quadratmeterpreise und dies kommt uns Insulanern im Jahr 2016 doch sehr bekannt vor.

Tatsache ist: Die Einwohnerzahl Norderneys steigt während der preußischen Zeit drastisch an - von 1.431 (1866) auf über 4.000 Bürger im Jahr 1900.

Original "Erbpachts-Contract" vom 2. März 1863.

Original "Erbpachts-Contract" vom 2. März 1863.

Die Norderneyer Mühle um 1900

Die Norderneyer Mühle um 1900: Hier ist der Steert sehr gut zu erkennen, mit welchem die Mühle "in den Wind" gedreht wurde.

Auf der Promenade

Auf der Promenade in Hörweite des Meeres die günstige Wirkung des Seeklimas zu genießen, war seit jeher ein besonderes Anliegen der Gäste.


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